Produkttest
Juki
TL-2200QVP mini
Abschlussbericht
Kathy Henkel – www.gute-naht.de
Schneller als gedacht sind die drei
Monate rum, in denen ich die Juki TL-2200QVP mini im Rahmen einer Aktion von
nähPark Diermeier bei mir Zuhause haben und auf Herz und Nieren testen durfte.
Nach den ersten Gehversuchen (z.B.
Einfädeln und Highspeed-Nähen) hatte mich vor allem interessiert, wie die Juki
mit verschiedenen Materialien und Stofflagen - und hier besonders mit den
dicken - klarkommt.
Noch einmal mit Kraft
Diesbezüglich konnte sie mich auf ganzer
Linie überzeugen und im letzten Teil sollte sie mir noch ihre
Quilting-Eigenschaften offenbaren.
Bevor ich mich jedoch wie geplant an ein
Quiltprojekt begeben konnte, musste die Juki sich noch einmal mit schwierigem
Material auseinandersetzen. Im Rahmen eines Probenähens habe ich an ihr ein
Herrenportmonnaie aus Tafelstoff genäht.
Transport von oben
Ich habe für dieses Projekt den
Obertransportfuß eingebaut. Etwas irritierend war für mich, dass man hier für
den Fußwechsel die entsprechende Schraube komplett entfernen muss. Die anderen
Füße haben eine nach oben offene Schiene, so dass man nach Lösen der Schraube
den Fuß nach/von unten entfernen bzw. einschieben kann. Der OTF hat nur ein
Loch.
Bei genauerer Überlegung erscheint diese
Lösung aber als sehr durchdacht, da im Regelfall bei Nähprojekten, wo der OTF
zum Einsatz kommt, auch eine größere Stabilität erforderlich ist.
Der Obertransportfuß ist wie auch der „normale“ Nähfuß relativ
schmal, was eine gute Sicht auf das Nähgut ermöglicht und knappkantiges Nähen
erleichtert. Das Nähen ist in beide Richtungen problemlos möglich. (Zum
Vergleich: beim OTF meiner Nähmaschine sind die beweglichen Transportfüßchen
hinten offen. Bei z.B. Kunstfell verhaken sich diese beim Rückwärstsnähen in
den langen Fransen.)
Locker flockig die Dritte (oder 4. oder ...)
Am Ende war ich einmal mehr begeistert
von der problemlosen Bewältigung dickerer Stofflagen und dem gleichmäßigen
Transport des Nähguts. Das Nahtbild ist einfach fantastisch und das sogar von
beiden Seiten. (Das Portemonnaie wird komplett von rechts genäht, es sind also
beide Nahtseiten sichtbar. Mit der Juki gar kein Problem.)
Kleiner Wermutstropfen
(Was bei diesem Projekt hilfreich gewesen
wäre: eine Punktvernähfunktion. Eine Verriegelung mit Vor- und Rückstichen kam
hier wegen der vorgesehen Nähweise von rechts nicht infrage. Daher musste ich
bei jeder Naht die Enden per Hand verknoten, was den veranschlagten Zeitrahmen
etwas sprengte.)
Optimale Ausstattung für Quilter
Aus zeitlichen Gründen und auch, weil
Quilten für mich Neuland ist, entschied ich mich für einen Miniquilt aus
rechteckigen Blöcken. Um den Test komplett zu machen, montierte ich trotz der
überschaubaren Größe des Projektes den Anschiebetisch.
Dieser wird einfach über den Freiarm nach unten gedrückt, kleine Gumminoppen an der Innenseite sorgen für guten Halt, die ausklappbaren Füße sind höhenverstellbar, was mir sehr entgegenkam, da der Tisch bei mir zur Hälfte auf einer Schneidematte steht.
Durchdachte Lösung
Und hier hat Juki noch weiter mitgedacht:
Im Anschiebetisch befindet sich eine Klappe, durch die man die Unterfadenspule
erreicht, der Tisch muss also zum Fadenwechsel nicht extra abgenommen werden.
Und der Tisch besitzt eine Haltevorrichtung für den Kniehebel. Dieser kann also
bei Nichtgebrauch unter den Tisch geclipst werden und ist aus dem Weg.
Keine Erwartung zu hoch
Die Tellzwozwo bestätigte, was ich
eigentlich erwartet hatte. Die dünne Baumwolle lief wieder problemlos und der
Stoff hat sich auch beim Nähen nicht verzogen. Das Nähen im Nahtschatten war
ebenfalls kein Problem.
Nachdem der Patchworkteil fertig war,
wollte ich das Top noch mit einem Quiltmuster versehen. Die Füßchen sind
schnell getauscht, der offene Quiltfuß (für Freihandquilten) war das Werkzeug
meiner Wahl. Der Untertransport kann zu diesem Zweck mit einem Hebel versenkt
werden.
Im Handbuch wird darauf hingewiesen, dass
der Fußdruck auf Minimum gestellt werden soll. (Einer der wenigen Fehler im
Handbuch: der erwähnte grüne Balken ist bei der Tellzwozwo blau). Anfangs
zeichnete ich ein paar Ranken vor, nachdem ich diese „aufgemalt hatte“,
entschied ich mich dann aber doch für ein Freihandschnörkelmuster.
Freihandquilten besser mit Handschuhen
Zu diesem Zeitpunkt wurde mir dann klar,
warum Quilter oftmals Handschuhe tragen. Trotz des runtergeregelten Fußdrucks
fiel es mir teilweise recht schwer, den Stoff in die gewünschte Richtung zu
bewegen.
Bei meiner Nähmaschine, die ebenfalls
Quilter als Zielgruppe hat, bietet der Quiltfuß fast gar keinen Halt für den
Stoff. Teilweise folgen die Stofflagen dem Fuß/der Nadel etwas nach oben und
man bekommt unfreiwillig „Sprünge“ im Nahtbild.
Das kann bei der Juki nicht passieren.
Hier war mir der Fuß fast schon etwas zu fest. Ich denke aber, dass das die
„richtigere“ Art ist, denn mit Handschuhen, die auf dem Stoff besser haften,
hätte ich die drei Quiltlagen sicher leichter führen können und damit eine
sicherer Stoffgestaltung gehabt als wenn der Fuß zu locker ist.
Im Gegenzug verlaufen die Linien hier
viel gleichmäßiger, als sie das bei meinen ersten Versuchen auf meiner eigenen
Maschine tun. Und auch hier hatte ich wieder den Eindruck, dass die Juki sich
wohler fühlt, wenn sie schneller darf.
Fazit:
Die Juki TL-2200QVP mini überzeugt auf
ganzer Linie durch hochwertige, robuste Verarbeitung, sauberen Stofftransport,
schönes Nahtbild, Vibrationsarmut, leise Laufleistung bei gleichzeitig hoher
Stichgeschwindigkeit und umfangreiches Zubehör.
Allerdings ist diese Maschine hoch
spezialisiert und hier komme ich auf meinen Anfangsvergleich mit Autos zurück:
Wer sehr oft lange Autostrecken fahren muss und neben seinem alltagstauglichen
Stadtauto mit großem Kofferraum und viel Platz für Getränkekisten und
Urlaubsgepäck noch Geld und Stellplatz für einen PS-starken Wagen hat, in dem
man zwar die Familie nicht mitnehmen kann, dafür aber in der Hälfte der Zeit am
Ziel ist, der ist mit der Juki gut beraten.
Für Quilter bringt sie alles mit, was
diese benötigen und auch wer ansonsten nur den Geradstich benötigt, kann mit
dieser Maschine nichts falsch machen.
Für Hobbynäher wie mich, die Kleidung,
Taschen, Deko und sonstigen Firlefanz nähen, die Zierstiche und
Zickzack-Versäuberung benötigen und auch mal Knopflöcher machen müssen, wäre
die Tellzwozwo allenfalls eine - wenn auch sehr hochwertige - Ergänzung zum
bestehenden Nähmaschinenpark.
Am Ende geht natürlich auch der Preis mit
in die Waagschale. Für die Qualität, die man bekommt, ist die Juki sicher nicht
teuer, hier stimmt meines Erachtens das Preis-Leistungsverhältnis. Dennoch muss
man schon recht viel Geld in die Hand nehmen. Nicht umsonst ist die Maschine
ausgeschrieben als Profischnellnäher für Quilter und Vielnäher. Mal eben so
wird man sich diese Nähmaschine nicht kaufen können.
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